Bekannte und vor allem aktuelle Themen wie der „Heilige Krieg“, „Fundamentalismus“ und die „Frauenfrage“ werden häufig in einem Atemzug mit dem Islam genannt. Für viele Menschen sind diese am interessantesten, weil sich ihr Wissen meist nur auf sie beschränkt, wobei hier nicht von einem wissenschaftlich fundiertem Wissen die Rede sein kann, sondern eher von unreflektierten quantitativen Informationen. Außerdem sind diese genannten Phänomene Produkte der eigenen europäischen Kultur und somit nichts Unbekanntes:

a) Heiliger Krieg

Der Heilige Krieg ist ein aus der christlichen Geschichte stammender Begriff[1] und ist dem Islam fremd. Kein Krieg kann heilig sein! Auf Arabisch würde man zu so einem Krieg „Harb Qudsi“[2] sagen, wobei dieser Begriff keine Verwandtschaft mit dem Begriff Dschihad (türk. Cihad) hat.

Der Begriff Dschihad - im Koran häufig in Verbindung mit ...fi sabil Allah (...auf dem Wege Gottes) vorkommend - hat in seiner Wortwurzel die Bedeutung von „sich bemühen, sich anstrengen, streben“ und wird im Deutschen oft falsch als „Heiliger Krieg“ wiedergegeben. Diese falsche Bezeichnung basiert auf dem europäischen Verständnis von Dschihad[3], wobei Dschihad im islamrechtlichen Sinne kein räumlich und/oder zeitlich begrenztes kriegerisches Unternehmen im Namen des Islam (auf staatlicher Ebene) bezeichnet, so wie es im Christentum in der Zeit der Kreuzzüge der Fall war. Es gibt auch keine Dschihade im Plural, wie „Heilige Kriege“, da das Wort keinen Plural kennt.

Die Formulierung persönlicher „Einsatz“ oder „Kampf“, und zwar „für die Sache Allahs (cc)“ oder „Mühe aufwenden auf dem Wege Allahs (cc) mit personellen und materiellen Opfern“ trifft eher zu. wobei auch die Pilgerfahrt und das rituelle Gebet als Dschihad gelten. Außerdem ist bei dem Begriff auffällig, dass er etwas bezeichnet, was „für“ und nicht „gegen“ etwas gerichtet ist. Deswegen ist „Heiliger Krieg gegen Ungläubige“ eine völlig falsche Übersetzung.

b) Fundamentalismus

Auch der „Fundamentalismus“ ist ein aus dem christlichen Kulturkreis stammender Begriff[4]. Dieser wird heute häufig mit einem Atemzug mit Islam genannt, ist der islamischen Lehre jedoch fremd. Ein Synonym dazu ist der „Islamismus“. wobei besonders muslimische Intellektuelle, die „den Westen“ kritisieren, als „Islamisten“ bezeichnet werden. Unter diese beiden Begriffe werden all jene zusammengefasst, die auf irgendeine Art und Weise, allen unislamischen Einflüssen  gegenüber   kritisch   gegenüberstehen.   Aber auch Muslime, die einfach nur ihre religiösen Pflichten wie Beten und Fasten befolgen, werden nicht selten als Fundamentalisten bezeichnet.

Da jedoch auch dieser Begriff zu falschen Assoziationen führen kann, sollten Muslime die Identifikation damit meiden.

Der Islam lehnt jede Form des Extremismus ab und lässt „Gewalt“ nur als Mittel der Verteidigung zu. Selbst in Extremfällen, wie z.B. Kriegen, gibt es im Koran und in der Sunnah Vorschriften, „das Maß nicht zu überschreiten“. Eines der wichtigsten Ziele menschlichen Handelns sollte die Herstellung von Frieden sein. Wir lesen im Koran: »Und wenn sie sich dem Frieden zuneigen, dann neige auch du dich ihm zu, und lass vom Kampf (gegen sie) ab!«[5]


[1] Speziell die Kreuzzüge, die von Papst Urban II. 1196 zur Befreiung des Heiligen Landes ausgerufen wurden, haben diesen Begriff geprägt.

[2] Vgl. dazu Paul Schwarzenau: Der Islam ist anders. In: BRU: Ein Magazin für die Arbeit mit Berufsschülern. 6 (1992), S.6

[3] Sogar in der Brockhaus Enzyklopädie wird fälschlicherweise „der Heilige Krieg“ als der fünfte Pfeiler des Islam aufgezahlt, wobei das Glaubenszeugnis (arab. Schahada) zusammen mit dem Gebet (arab. Salat) als der erste Pfeiler zusammengefasst wird. Eine solche Einteilung widerspricht nicht nur dem Konsens der Muslime, es führt auch zu einer Verfälschung der Grundlagen des Islam.

[4] Eine Ende des 19. Jh. entstandene Bewegung des amerikanischen Protestantismus zur Abwehr des Liberalismus.

[5] Koran: Sure (8) Al-Anfaal, Verse: 61

 

 

 
 
 

 

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SEIT 15.12.2003